Freitag, 6. Dezember 2019

Lautlos und unsichtbar

Oder: Der Schläfer - (k)eine Metapher

Andere Darstellung aus alternativem Patientensichtwinkel. Soll keiner sagen, daß es nicht auch ganz andere, z.T. lustige, aber auch zum Nachdenken anregende Erlebnisse in einem Krankenhaus geben kann.

Nach dem zweiten Besuch in St.Georg beschloss die junge Ärztin der Hämo-Onko-Ambulanz, nachdem ein Kardiologe den Brustraum geschallt hatte und Flüssigkeit im Herzbeutel feststellte, mich doch lieber stationär aufnehmen zu wollen. Dazu leierte ich eine "Personenbeförderung sitzend" an ( Vulgo: Taxitransport ). Gar nicht so einfach, klappte aber irgendwie.

Mit Bus und Bahn plus Rucksack u.s.w. wäre aber zu riskant gewesen und es gab niemanden, der mich den Morgen hätte fahren können.

Also flog ich am Dienstag 19.11. wieder hier ein. Prompt blieb mir gleich in der ersten Nacht die Luft weg. Tja, da gibt es so auf Verdacht scheinbar kein Patentrezept für. Aber egal, hab's überlebt ( ruhig bleiben, keine Panik, langsam und vorsichtig zu atmen versuchen ). Seitdem darf ich 3x täglich inhalieren.


Nun ja, letztendlich ging es wohl u.a. darum die Gewebeprobe doch durchzusetzen, die vorher als "vermutlich nicht notwendig" verworfen worden war.
Vorher wurden noch ein paar Blutproben gezogen, ein CT angesetzt, verschoben und dann doch nicht gemacht, nochmal im HNO- Bereich geschallt und ganz am Rande festgestellt, daß lokale Anästhesie bei mir auch zwischen Nase und Rachen eher sinnlos ist.


Da ich, dank Kortison und Unterbewußtsein im permanenten Notfallmodus, fast gar nicht mehr schlafe, war ich nachts oft draußen zum Rauchen. So lernte ich die Security-Leute ein wenig kennen. Ende der Woche hielt ich mit der einen Kollegin etwas Kippensmalltalk, ging wieder rein, als - tadaa! - dem Mann hinter'm Bildschirm am Türöffner gerade der Kopf nach hinten kippte und er sanft zu schnarchen anfing.
Ich winkte seine Kollegin heran, sie kam, sah - und grinste - und sprach ihn an. Er schrak hoch - und öffnete mir die Tür.
Die ganze Szene dauerte vielleicht so umumbei 10 Sekunden.

Seitdem haben wir ein schickes Thema zu Herumblödeln und die Securities sind meine Kumpels.

Heute war dann die Gewebeprobeentnahme. Wie bereits geklärt, unter Vollnarkose. Aber - weil mir schon zweimal "der Hals eng" wurde, sollte der Beatmungstubus möglichst bei Bewußtsein eingeführt werden.  Und - weil das ziemlich unangenehm sein kann - unter örtlicher Betäubung!
Kannste Dir nich ausdenken sowas!

Okay, wir einigten uns dann darauf, daß man nach dem "Abschuss" ja nicht gleich stirbt und, daß es besser wäre, die dazwischenliegende Zeit zu nutzen um - wie eigentlich eigentlich immer - die Beatmung klar zu machen. Das klappte dann auch. 
Die OP verlief dann auch ansonsten scheinbar planmäßig, bis mir beim Aufwachen der Hals dicht machte. Die Zuständige blieb ganz cool ( allein das hilft schon mächtig! Merke: Keine Panic! ) und so hatten wir die Sache schnell wieder im Griff.


Sie hat mich dann noch eine Weile beobachtet und am Einschlafen gehindert ( "tief durchatmen, nicht schlafen!" ), bis ich wieder vorsichtig trinken durfte und dann ging es auch schon zurück auf Station.

Den vorher versprochenen Kaffee gab es da erstmal nicht, dabei sollte ich doch atmen und nicht einschlafen, was gar nicht so leicht ist, wenn das Bewußtsein andauernd auf gegen Null wegsackt!

Also habe ich die gerade antretende nächste Schicht belabert, bis ich den Kaffee durchgesetzt hatte. Danach solange aufstehen geübt, bis ich fit genug war, mir eine Brühe zu machen, von wegen Mineralien und so. Dann noch'n Kaffee, Klamotten an und nix wie raus, Rauchen!
Na ja, "Rauchen" eher im allerweitesten Sinn, mehr so symbolisch, wichtiger war die frische Luft.

Ich sitze da also im Erdgeschoss und drehe mir eine, kommt die Kleine von der Security auf Rundgang aus'm Keller.
Schiet! Ich wollte doch die Außentür mit 'nem Pappbecher blockieren, damit ich nicht bis zum Haupteingang latschen muß, um wieder reinzukommen.
Okay, volles Risiko! Ich weihe sie in meinen düsteren Plan ein!
Alles gut, sie grinst und hält dicht.
Als ich wieder reinkomme ist sie gerade in Kalkutta, ähm, am Ende des Ganges, winkt zum Gruß, ich grüße zurück. 

Alles wird gut!




Gehen Sie nicht über Los.....

Vertrauen Sie uns

Okay, war ich also zwecks umfassenderer und breitbandiger Optionen knapp zwei Wochen stationär in der Krankenfabrik. Gleich die erste Nacht machte die Atmung kurzfristig zu. Und es wurde ( später ) auch was ganz Unerwartetes entdeckt. Nämlich, daß ich irgendwelche mysteriösen Vernarbungen im Unterleib hätte, die da nicht hingehören. Um die zu enträtseln wäre es notwendig mich in eine Partnerklinik des Konzerns zu überweisen und ein wenig in mir herumzuspiegeln.
Und was macht Fiete, der notorisch renitente Querulant?
Stellt die unfachliche Gegenfrage: "Und wieso haben Sie mich nicht

 einfach gefragt?" Und habe den Experten kurz erklärt, woher die stammen und, daß desbezüglich - nach menschlichem Ermessen - wohl kaum weiterer Forschungsbedarf bestehen könne, da dieselben - nach gründlicher Behandlung - jahrelang unter Kontrolle standen. Gab gleich wieder Punkteabzug in der B(eliebtheits-)Note. Wo man doch extra so ein tolles CT-Staging gemacht hatte.
Dumm geloofen.
Dafür wurde mir eindringlich klar gemacht, daß es ( schon aus "rechtlichen Gründen", ha ha! ) so nicht weiterginge, man keine Forschungsansätze mehr hätte und auch keine Therapie beginnen könne/dürfe, solange nicht doch die Gewebeprobe entnommen und ausgewertet wäre. Konnte ich adhoc - trotz leichter logischer Bedenken - nicht gegenanstinken, also mußte es halt sein.
Sowas geht ganz locker, ohne Markierung des OP-Felds, ohne Rasieren ( im Bartbereich ), quasi im Vorbeigehen. Im Aufwachraum blieb mir kurz die Luft weg, ansonsten lief die Sache fast problemlos. Na ja fast halt. Nachdem ich einen ganzen Tag für die OP, die erst abends stattfand, nüchtern geblieben war, sollte ich nächsten Tag wieder bis spätnachmittags nüchtern sein, eben weil dann das Staging angesagt war. Da hatte der olle Fiete aber zuvor noch ein kleines Bißchen Diskussionsbedarf. Und siehe, sechs Stündchen Nüchernheit taten es dann auch, was mein Magen vehement begrüßte ...


Tja, die Auswertung der Proben dauert i.d.R so about 5 - 7 Tage. Die zwischenzeitlich geplante Verholung in die andere Klinik hatte sich logisch auch selbst erledigt, also wollte ich Freitags nachhause. Dabei vergurkte die Stationsarztebene noch ein paar Respektpunkte bei mir, indem sie sich am Abend vorher nicht hinreichend kompetent ( ohne Rücksprache mit dem Oberarzt ) fühlte, zu entscheiden, ob die seit weit über 24 Stunden inaktive ( laut Vorgespräch "eh kaum nötige" ) Saugdrainage langsam mal gezogen werden könne. Kommentarvorschlag meinerseits dazu, von mehreren Schwestern und Pflegern als zutreffend bestätigt: "Lächerlich, oder?".
Ergo war ich letzten Freitag schon wieder in relativer Freiheit.
Befundbesprechung war dann am Mittwoch morgens 8:00 Uhr in der HNO-Abteilung. Der Doc war schon etwas erfahrener, tastete und schallte selbst nochmal, studierte die Laborwerte durch  und kam zu dem eindeutigen Schluss:  "Lymphom definitiv ausgeschlossen!"
Na, schick, da war ich doch schwerst gebeistert!
Er folgerte messerscharf: Laut Labor aber eindeutig was böses und akut ist die Schilddrüse das dickste Problem. Wobei ein Schilddrüsenkarzinom auch reichlich unwahrscheinlich ist, da sich das typischerweise ganz anders verhält.
Anders gesagt: Der gute Mann hatte es in weniger als einer Stunde geschafft, auf ungefähr den Stand zu kommen ( und sogar noch etwas weiter ), der mir seit Wochen logisch erschien und den die restlichen Kollegen während der ganzen Zeit davor sich irgendwie nicht zu erreichen trauten ( diplomatisch gesagt ).
Und das ist akuter Stand der Dinge, w.h.: Das Zeitfenster macht zwar langsam immer weiter zu, aber was ursächlich treibende Kraft ist, wissen wir immer noch nicht!
Fazit des Doc's: "Ich werde das in der Ärztekonferenz diskutieren, Sie hören telefonisch von mir". Jetzt warte ich auf den Anruf ...


Schaun mer mal