Montag, 3. Juli 2017

Thüringer "Gewaltschutz" - Fazit von Gleichmass e.V.



Nach rund einem Jahrzehnt zieht die Initiative Gleichmass e.V. ein mehr als ernüchterndes Fazit zu den Themenbereichen Gewaltschutz und Jungen&Männerarbeit in Thüringen.
Das Ergebnis ist erschreckend, deckt sich aber, soweit ich das überblicke, mit den Eindrücken der Aktivisten anderer Bundesländer. Ich denke, auch auf Bundesaktivitäten und die Medienlandschaft im deutschsprachigen Raum lässt es sich wohl im Groben nur zu "gut" übertragen.
Das frustriert!
Trotzdestonix ist es m.E. historischer Punkt, den zu dokumentieren ich für wichtig halte, schon um den üblichen Sprüchen - v.wg.: Es gäbe ja gar keinen Bedarf, die Männer wollen ja bloß herumjammern, es würde ja soo viel für Männer getan u.s.w. - ein etwas ausgewogeneres Bild entgegensetzen zu können.
Und als kleine Wahlentscheidungshilfe kann man das Statement auch durchaus gebrauchen, auch wenn keine Empfehlung dazu abgegeben wird, vielleicht sogar eben darum.
Arne Hoffmann brachte die Meldung auf Genderama und kommentiert auch nicht gerade erbaut.


Ich zitiere also Volltext plus sämtliche eingefügten Links:


Thüringer Gewaltschutz aus humanistischer Perspektive: ein ernüchterndes Fazit

Unsere Initiative hatte in den letzten Monaten bereits erwähnt, dass die in der aktuellen Legislaturperiode regierungsverantwortlichen Parteien im Land Thüringen (insbesondere SPD und Die Linke)  mehrfach Befürwortungen, Unterstützungs- sowie Finanzierungszusagen für eine Schutzwohnung für von häuslicher Gewalt betroffene Männer aussprachen bzw. schriftlich aussanden, es jedoch in keinem der Fälle zu einer tatsächlichen Unterstützung kam. Die statistisch hohe Notwendigkeit ist nicht zuletzt durch unsere beharrliche Recherche hinlänglich bekannt geworden, dennoch mussten wir aus vorgenannten Gründen unser Gewaltschutzeinrichtung schließen.
Nachfolgend ziehen wir stichpunktförmig ein Fazit, das nicht nur zahlreiche Wortbrüche und Unwahrheiten thematisiert, sondern darüber hinaus gerne als Hilfe zur Wahlentscheidung zur Bundestagswahl 2017 verstanden werden darf. Wer daraus jedoch das Verständnis ableitet, seine Stimme sei bei einer rechtspopulistischen bzw. -extremen Partei besser aufgehoben, der hat aus unserer Sicht weder die Geschichte noch die Notwendigkeit einer humanistischen Gesellschaft verstanden.
Hinweis: unsere Gespräche fanden in jedem Fall mit Landesparteienvertretern* statt und ist als solche als jeweilige Aussage der Partei zu werten. Genannte Ämter bzw. Positionen der Gesprächspartner beziehen sich im Übrigen auf den Zeitpunkt der Gespräche, was sich mittlerweile geändert haben kann.
PARTEIEN:

CDU
Am 26. 06. 2014 trafen sich Vertreter unserer Initiative im Landtag mit dem Fraktionssprecher für Familie, Soziales und Gesundheit Christian Gumprecht sowie dem Vorsitzenden des Arbeitskreises Gleichstellung der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, Henry Worm. Im Gesprächsverlauf wurden uns zugesagt, eine schriftliche Befürwortung auszusenden sowie unseren Finanzierungsbedarf in den Thüringer Folgehaushalt und den Arbeitskreis für Gleichstellung der CDU einzubringen.
Am 09. 07. 2015 reichte die CDU auf Basis unserer Zuarbeit die Kleine Anfrage „Häusliche Gewalt gegen Männer in Thüringen bei der Landesregierung ein, die unter anderem folgende Fragen beinhaltete: Wieviel Männer sind in Thüringen im Jahr 2012, 2013 und 2014 Opfer häuslicher Gewalt geworden und wie bewertet die Landesregierung diese Zahlen? Welche Intervention erfolgt in Fällen häuslicher Gewalt gegen Männer? Welche Beratungs- und Hilfsangebote gibt es für von häuslicher Gewalt betroffene Männer und welche Stellen leisten sie? Welchen Handlungsbedarf sieht die Landesregierung zum Schutz von Männern vor häuslicher Gewalt? Welche Maßnahmen plant die Landesregierung zur Prävention von häuslicher Gewalt gegen Männer?
Am 17. 08. 2015 ging die Antwort der Thüringer Landesregierung ein. Neben statistischen Werten wurde die Notwendigkeit einer Bedarfserhebung außerhalb polizeilicher Statistiken angerissen sowie vorgetragen, von familiärer Gewalt betroffene Männer können mit ihren Kindern jederzeit eine Familien- und Eheberatungsstelle oder bestehende Interventionsstelle kontaktieren. Ferner wurd auf das bundesweite Hilfetelefon für Gewalt gegen Frauen, hingewiesen. Die Frage, ob im Doppelhaushalt 2016/2017 ein Finanzierungsprogramm zum Gewaltschutz für Männer vorgesehen sei, wurde mit „Nein“ beantwortet (zu unserer Auswertung des Antwortschreibens bitte hier entlang).
Die Grünen
Am 06. 07. 2014 fand ein Gespräch mit Frau Kathleen Lützkendorf als Referentin für Soziales, Arbeit, Familie, Gesundheit und Sport der Thüringer Grünen statt. Wichtigster Gesprächspunkt seitens der Grünen-Vertreterin war, inwiefern und wie stark sich unsere Initiative von extremistischen Tendenzen abgrenzen würde. Eine Befürwortung könne nicht gemacht werden, jedoch wurde ein gemeinsamer Gesprächstermin mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband Thüringen angeregt.
Auf unsere nachfragende Korrespondenz vom 23. 04. 2015 ließ uns Frau Astrid Rothe-Beinlich in einem am 11. 06. 2015 eingegangenen Antwortschreiben wissen, die Gleichstellungspolitik in Thüringen solle aktiv um die Interessen und Bedürfnisse von Frauen und Mädchen ergänzt werden, da nach wie vor eine strukturelle Diskriminierung erlebt würde, der Diskriminierung in sämtlichen Lebenslagen sei entgegen zu wirken, Ziel seien ein bedarfsgerechtes Angebot, eine verlässliche Finanzierung der Hilfestrukturen und klare rechtliche Rahmenbedingungen für Frauenhäuser, Interventionsstellen, Frauenzentren, Zufluchten und Frauenberatungsstellen. Auch gelte es, die Täterberatung zu verstärken.
Auf unsere vertiefende Nachfrage vom 15. 06. 2015 zu einer konkreten Positionierung zum Gewaltschutz für von häuslicher Gewalt betroffene Männer ging am 22. 06. 2015 seitens Frau Astrid Rothe-Beinlich die Aussage ein, eine Notwendigkeit für die Einrichtung gesonderter Stellen für von Gewalt betroffene Männer sei derzeit durch die Grünen nicht zu erkennen.
Die Linke
Am 26. 06. 2014 trafen Vertreter unserer Initiative zum Gespräch mit Margit Jung, Sprecherin für Familie und Senioren und stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Landtag sowie der Fraktionsvorsitzenden der Stadtratsfraktion der Stadt Gera und Landesgeschäftsführerin Anke Hofmann zusammen. Zugesagt wurden neben einem konkretisierenden Folgetermin mit Frau Jung eine schriftliche Befürwortung sowie die Einbringung unseres Finanzierungsbedarfs in den Gleichstellungsausschuss.
Am 10. 07. 2015 nahmen Vertreter von SPD und Die Linke an einer kleinen Anhörung mit Vertretern unserer Initiative im Thüringer Landtag teil (siehe auch „SPD“). Im Gesprächsverlauf stellte Frau Karola Stange als Vorsitzende des Gleichstellungsausschusses eine Teilfinanzierung für unser Gewaltschutzobjekt in Aussicht und tätigte darüber hinaus gemeinsam mit Frau Birgit Pelke (SPD) die Aussage, man werde die Thematik im Koalitionsarbeitskreis am 28. 08. 2015 debattieren und uns zeitnah über die Ergebnisse in Kenntnis setzen.
In der zweiten Jahreshälfte 2016 gab es ein Gesprächstreffen zwischen der Thüringer Gleichstellungsbeauftragten Katrin Christ-Eisenwinder und unserem damaligen Projektkoordinator Tristan Rosenkranz, in dem seitens Frau Christ-Eisenwinder die vorgetragene Finanzierungsnotwendigkeit oder alternativ Fortführung des bis dahin rein spendenfinanzierten Gewaltschutzobjektes unter anderer Trägerschaft unter anderem mit der Zusage beantwortete, es werde eine Lösung gefunden.
Keine der getroffenen Zusagen wurden eingehalten.
FDP
Am 15. 09. 2014 traf ein Vertreter unserer Initiative mit Thomas Kemmerich als damaligen Vorsitzenden des Gleichstellungsausschusses zusammen. Herr Kemmerich sagte uns eine Befürwortung seiner Partei zu und sprach sich dafür aus, im Zuge der Haushaltsverschlankung Mittel offenzulegen, die unserem Projekt zugute kommen.
Keine der getroffenen Zusagen wurden eingehalten.
SPD
Am 17. 07. 2014 fand im Landtag ein Gespräch zwischen Vertretern unserer Initiative sowie dem Parlamentarischen Geschäftsführer David Eckhardt und der Sprecherin für Familie, Frauen, Sport und Opferverbände Birgit Pelke statt. Zugesagt wurden eine schriftliche Befürwortung durch den Landesverband der SPD, darüber hinaus wollten sich Herr Eckardt und Frau Pelke dafür einsetzen, nach der Landtagswahl in Thüringen die Problematik in den Fachgremien im Landtag seitens unserer Initiative persönlich vorzutragen. Weiterhin wurde die Prüfung der Möglichkeiten einer Ko-Finanzierung z.B. über die Stiftung „Familiensinn“ in Rücksprache mit der Thüringer Gleichstellungsbeauftragten zugesagt.
Am 21. 08. 2014 ging das Befürwortungsschreiben der SPD bei uns ein, welches unter anderem die Zusage einer Vorstellung unseres Projektes vor dem Thüringer Gleichstellungsausschuß sowie der Einbringung in die Haushaltsplanung für die bevorstehende Legislaturperiode beinhaltete.
Am 09. 06. 2015 fand ein weiteres Landtagsgespräch mit Frau Birgit Pelke statt, in dem ausgesagt wurde, dass der Haushalt des Landes Thüringen für 2015 bereits beschlossen  sei, was eine Finanzierung in diesem Jahr ausschließt. Jedoch fänden am 17. und 18. Juni erste Verhandlungen zum Doppelhaushalt 2016 und 2017 statt, für den sich Frau Pelke eine Kofinanzierung vorstellen konnte. Frau Pelke schlug eine Vorstellung unseres Gewaltschutzprojektes durch Vertreter unserer Initiative für die Plenarsitzung vom 08. – 10. 07. 2015 vor, zu der alle Fachbereiche anwesend sind.
Am 10. 07. 2015 wurden auf Betreiben Frau Pelkes hin Vertreter unserer Initiative zu einer Anhörung im Thüringer Landtag im kleinen Rahmen eingeladen, zu der Vertreter aller drei Regierungsparteien teilnehmen sollten, die Grünen jedoch absagten. Die einzige, von der SPD mitgetragene Zusage war, man werde die Thematik im Koalitionsarbeitskreis am 28. 08. 2015 debattieren und uns zeitnah über die Ergebnisse in Kenntnis setzen.
Über das Befürwortungsschreiben hinaus wurde keine der getroffenen Zusagen eingehalten.
BEHÖRDEN:
Thüringer Landespolizeidirektion
Erst nach mehreren Nachfragen erhielten wir anstelle weiterer Absagen bzw. Aussagen zur Nichtexistenz die Auskunft zur polizeilichen Statistik zu von häuslicher Gewalt betroffenen Männern, die in Verbindung mit Zahlen aus dem Entwurf des Landeshaushaltsplanes 2015, einem Arbeitspapier Astrid Rothe-Beinlichs vom 20. 05. 2015, einem Antwortschreiben des Thüringer Innenministeriums auf eine Anfrage Astrid Rothe-Beinlichs an die Thüringer Landesregierung vom 23. 07. 2010 sowie der Polizeilichen Jahresstatistik von 2014 die unter diesem Link hinterlegte, hohe Notwendigkeit für ein auf Männer ausgerichtetes Gewaltschutzprogramm belegt.
Trotz mehrerer Anfragen wurde uns im Gegensatz zur Verfahrensweise mit Vertretern der Frauenhausarbeit zu keiner Zeit eine Ausstattung der Einsatzfahrzeuge mit Infomaterialien zu Notruf und Unterbringung oder Teilnahme und Projektvorstellung im Rahmen regelmäßiger innerpolizeilicher Schulungen eingeräumt.
KÖRPERSCHAFTEN:
Paritätischer Wohlfahrtsverband Thüringen
Unsere Initiative war von 2013 bis 2016 Mitglied des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Thüringen. Zuständige Fachreferentin und Ansprechpartnerin war Frau Julia Homann in zeitweiser, elternzeitbedingter Vertretung durch Karin Kretschmer. Trotz zahlreicher Gespräche zu Konzeption, Finanzierung und Fachbedarf eines Gewaltschutzbedarfes für Männer wurde zu keiner Zeit die Zusage eingehalten, unsere Bemühungen bis zu einer tragfähigen Finanzierung hin zu unterstützen. Während in Vertretung durch Frau Kretschmer konkrete Gespräche mit paritätischen Fachleuten zu Finanzierungsanträgen und Fördermöglichkeiten zustande kamen, verloren sich nach ihrer Vertretungszeit die Gesprächsbemühungen zusehends in Verweisen auf höhere Zuständigkeiten seitens der Landesregierung, in der Notwendigkeit einer zunächst aufzubauenden Lobby sowie in dem schlussendlichen Vermerk, ein derartiges Projekt sei ausschließlich über eine Ausschreibung zu realisieren.
Ein letztes Gespräch von Vertretern unserer Initiative mit dem Landesgeschäftsführer Reinhard Müller und Frau Hohmann kam über persönliche Infragestellungen und Fehleranalysen bedauerlicherweise nicht hinaus.
Inwiefern die Thüringische Parität aufgrund von Podiumsdiskussionen wie „Sie haben die Wahl!“ vom 29. 08. 2014 unter Verwendung statistisch völlig verzerrter Europawerte („jede 3. Frau Opfer häuslicher Gewalt im Verlauf ihres Lebens“), mit Verbandspublikationen des Bundesverbandes, die sich ausschließlich weiblicher Betroffenheit widmen oder paraleller Vorstandsfunktionen unserer Ansprechpartnerin im Thüringer Landesfrauenrat eine gewisse Befangenheit zur Thematik einbringt, obliegt nicht unserer Beurteilung.
Abschlussbemerkung: vorliegende Zusammenfassung wird über dieses Posting hinaus in den nächsten Tagen unserer umfassenden Adressliste zugesandt, kommt auf die wichtigsten Punkte zu sprechen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Unserer Initiative liegen ausführliche Gesprächsprotokolle und Rechercheunterlagen vor, darüber hinaus hält jeder genannte Vorgang einer eidesstattlichen Beurkundung stand.
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*Bitte beachten Sie unseren Hinweis zur Verwendung des Sprachgeschlechtes.

Tja, liebe Leser, hört sich scheiße an, is aber so!
Da haben sich einige Leute nun viele Jahre lang im Sinne des Sprichwortes den Arsch aufgerissen, auf vieles verzichtet, derben Verschleiß in Kauf genommen, um nicht nur zu quatschen, sondern konkret etwas unmittelbar sinnvolles zu unternehmen.
Und?
Ich behaupte wohl nix allzu falsches, wenn ich sage: die fühlen sich - und nicht nur sich selbst, sondern auch alle anderen benachteiligten Jungen, Männer und nicht zuletzt auch deren Familien - kräftig verarscht.
Trotzalledem hoffe ich, daß der eine oder andere davon die Brocken nicht ganz hinschmeißt, sondern zumindest mit seinen Erfahrungen weiterhin andere unterstützt.
Und wünsche allen viel Glück für die Zukunft ( besonderen Gruß an Tristan und Henry ).

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